Die Erich Kästner-Schule in Lörrach stellt sich vor.


Eine Schule für Kranke gibt es in Lörrach schon seit über 40 Jahren. Sie hat aber bisher ein weitgehend verstecktes Dasein in den Räumen der Kinderklinik geführt: bis Frühjahr 2006
im Kreiskrankenhaus in der Spitalstraße; seit dem Umzug der Kinderklinik in das St. Elisabethenkrankenhaus hat auch die Schule dort 3 ehemalige Patientenzimmer als Unterrichtsräume.

Die Inbetriebnahme der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im März 2006 erforderte
eine Erweiterung der Schule für Kranke: Der Landkreis als Schulträger erwarb für die
Beschulung der jungen Patienten dieser Klinik ein nahe gelegenes Gebäude, einen Teil
des ehemaligen Gesundheitsamtes in der Humboldtstraße 14. Der Ankauf sowie die
Planung und Durchführung der Umbauarbeiten mussten in sehr kurzer Zeit erfolgen,
da der Unterrichtsbetrieb bereits zum Schuljahresbeginn im September 2006 aufgenommen werden sollte. Mit nur einem Tag
Verzögerung konnten am 19.09.2006 Schüler und Lehrer das neue Schulhaus in Besitz nehmen. Die offizielle Einweihung des
Schulhauses fand am 26.10.2006 statt.

Welche Schülerinnen und Schüler werden an dieser Schule unterrichtet?

Die Schule für Kranke ist eine öffentliche Schule für Kinder und Jugendliche die sich in stationärer Krankenhausbehandlung
befinden und ihre Schule während dieser Zeit nicht besuchen können. Unsere Lörracher Schule betreut in der Akutklinik am „Eli“ durchschnittlich 10 – 15 Schülerinnen und Schüler am Tag. Das sind Kinder und Jugendliche, die wegen akuter Erkrankungen,
Verletzungen, chronischen oder psychosomatischen Erkrankungen voraussichtlich eine Woche oder länger in der Kinderklinik
behandelt werden. Aus der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sind es 35 – 42 Schülerinnen und Schüler die täglich die
Schule in der Humboldtstraße besuchen. Dazu kommen einzelne externe Schülerinnen und Schüler, die entweder auf einen
Platz in der Klinik oder nach erfolgter Behandlung auf einen Platz in einer anderen Einrichtung warten.

Welche Lehrerinnen und Lehrer unterrichten an der Erich Kästner-Schule?
Wie ist der Unterricht organisiert?

An der Erich Kästner-Schule unterrichten Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten.
Das Kollegium setzt sich derzeit aus 3 Sonderschullehrerinnen, 6 Grund-
und Hauptschullehrerinnen, 2 Realschullehrerinnen, 3 Gymnasiallehrer/innen (teilweise stundenweise an unsere Schule abgeordnet) und einem Lehrer für
die Oberstufenschularten der beruflichen Schulen zusammen. Der Unterricht
wird als Klassen-, Gruppen- oder Einzelunterricht erteilt und findet im Regelfall
in den Räumen der Schule statt. Bei Notwendigkeit wird der Unterricht auch in
der Klinik „am Bett“ oder in begründeten Einzelfällen auch als Hausunterricht erteilt.

Für eine bestmögliche Förderung der betreuten Kinder und Jugendlichen, ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der Schule mit den behandelnden
Ärzt/innen und Therapeut/innen, mit dem Erziehungs- und Pflegepersonal
sowie mit den Erziehungsberechtigten erforderlich. Regelmäßige intensive
Kontakte zur Heimatschule sind unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche leistungsmäßige und soziale Wiedereingliederung
in die bisher besuchte Klasse. Sollte eine Rückschulung in die Heimatschule nicht möglich sein oder nicht mehr förderlich erscheinen,
bahnt die Erich Kästner-Schule eine Umschulung an einen den individuellen Möglichkeiten besser entsprechenden neuen Lernort an.

Warum braucht es eine Schule für erkrankte Kinder und Jugendliche?

Für Kinder und Jugendliche, die wegen einer Erkrankung für längere Zeit hospitalisiert sind, hat eine Schule für Schüler/innen in längerer Krankenhausbehandlung eine eminent wichtige Bedeutung: die Schule ist in einem Umfeld, das von Krise und Krankheit bestimmt ist, ein „Hort der Normalität“. Die Schüler knüpfen mit dem
„Zur-Schule-gehen“ an ihre normale Rolle im Alltag an. Der Schulbesuch ist für
Kinder und Jugendliche, die über einen längeren Zeitraum erkrankt sind, eine
wichtige Voraussetzung für die Teilhabe am Leben in der sozialen Gemeinschaft.

Durch Unterricht und schulische Betreuung soll die Genesung unterstützt werden
und dem Schüler die Möglichkeit geboten werden, trotz Krankheit mit Freude und Erfolg zu lernen und soweit möglich den Anschluss an den Leistungsstand der
Klasse zu halten. Wichtigstes Unterrichtsprinzip ist es, das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl der kranken Kinder und Jugendlichen zu fördern und zu stärken. Dabei müssen die individuellen Leistungsmöglichkeiten und –grenzen erkannt und respektiert werden. Die Schule für Schüler/innen in längerer Krankenhausbehandlung ist eine „Durchgangsschule“: wichtigstes Ziel ist die Reintegration der Schülerinnen und Schüler in
das Regelschulsystem nach überstandener Krankheit. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen für den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, dass eine gelungene schulische Wiedereingliederung nach überstandener Krise der entscheidende Faktor für
eine langfristig positive Prognose ist. Gelingt diese Reintegration nicht, so ist ein hohes Risiko für eine dauerhafte, seelische
Behinderung und damit einhergehender Abhängigkeit von Rehabilitationsmaßnahmen im Erwachsenenalter gegeben.

Die Schule für Kranke versteht sich als ein Haus des Lernens und Lebens für Kinder und Jugendliche in schwierigen
Lebenssituationen, als eine Schule, die für die betreuten Schülerinnen und Schüler heilsam ist.

 

Lörrach, im November 2006

W. Schelker, Sonderschulrektor a.D.
Überarbeiteter Inhalt durch: B. Timm, Sonderschulrektorin seit September 2017