Hilfestellung für Kolleginnen und Kollegen zur Anwendung des Nachteilsausgleich (NTA)

Sehr häufig geschieht es, dass Kolleginnen und Kollegen an den Heimatschulen nach schulrechtlichen Handhabungen suchen,
um ihren Schülerinnen und Schülern einen gelungenen Wiedereinstieg nach einem längeren Krankenhausaufenthalt zu erleichtern. Glücklicherweise gibt es hierzu eine Verwaltungsvorschrift die einen Wiedereinstieg erleichtern kann, besonders wenn es dabei um Leistungsmessungen und/oder Leistungsbeurteilungen geht.

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Verwaltungsvorschrift vom 8. März 1999
Az.: IV/1‐6500.333/61
Fundstelle: K. u. U. 1999, S. 45

Zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 22.08.2008 (K. u. U. 2008, S. 149)

2.3 Leistungsmessung und Leistungsbeurteilung, Nachteilsausgleich

2.3.1 Allgemeine Grundsätze

Die schulische Leistungsmessung steht im Dienst der Chancengleichheit. Jeder junge
Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine
seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung. Um dieses Recht einzulösen,
ist eine Leistungsmessung erforderlich, die sich nach einheitlichen Kriterien und einem
einheitlichen Anforderungsprofil richtet. Die hierauf beruhende Notengebung bildet die
Grundlage für Schullaufbahnentscheidungen.
Die Chancengleichheit ist eine Ausformung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich"). Dieser Satz verlangt nicht,
bei allen Menschen die gleichen Handlungsmuster anzulegen. Der Gleichheitssatz
bedeutet vielmehr, dass die Menschen vor dem Gesetz nach den gleichen Maximen zu
behandeln sind, dass also Lebenssachverhalte, die von ihrem Wesen her gleich sind,
auch rechtlich gleichgestellt werden müssen; der Gleichheitssatz bedeutet aber auch
umgekehrt, dass bei Lebenssachverhalten, die von ihrem Wesen her ungleich sind, von
Rechts wegen zu differenzieren ist. Insofern kann es auch rechtlich geboten sein,
Nachteile von Schülern mit besonderem Förderbedarf oder mit Behinderungen
auszugleichen.
Dieser auf dem Gleichheitssatz beruhende Anspruch zur Differenzierung muss aber ‐
wiederum aus Gründen der Gleichbehandlung aller Schüler ‐ eine Grenze finden: Die
Anforderungen in der Sache selbst dürfen nicht eigens für einzelne Schüler herabgesetzt
werden. Die Hilfestellungen für den Schüler ebnen ihm also Wege zu dem
schulartgemäßen Niveau; dieses Niveau dann zu erreichen, kann aber auch Schülern mit
besonderem Förderbedarf oder Behinderungen nicht erlassen werden.
Der Nachteilsausgleich für Schüler mit besonderem Förderbedarf oder für behinderte
Schüler lässt daher das Anforderungsprofil unberührt und bezieht sich auf Hilfen, mit
denen die Schüler in die Lage versetzt werden, diesem zu entsprechen. Die Art und
Weise solcher Hilfen hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zum einen können
die allgemeinen Rahmenbedingungen auf die besonderen Probleme einzelner Schüler
Rücksicht nehmen. Daneben sind auch besondere, nur auf einzelne Schüler bezogene
Maßnahmen des Nachteilsausgleichs möglich, insbesondere durch eine Anpassung der
Arbeitszeit oder durch die Nutzung von besonderen technischen oder didaktisch‐
methodischen Hilfen. Auch ist es möglich, die Gewichtung der schriftlichen, mündlichen
und praktischen Leistungen im Einzelfall anzupassen; allerdings muss jede dieser
Leistungsarten eine hinreichende Gewichtung behalten.
Im Rahmen des Nachteilsausgleiches ist es insoweit auch möglich von den äußeren
Rahmenbedingungen einer Prüfung abzuweichen.
Solche besonderen, auf einzelne Schüler bezogenen Maßnahmen des
Nachteilsausgleiches sind nur in besonders begründeten Ausnahmefällen gerechtfertigt;
in den beruflichen Schulen sind sie nur möglich, soweit sie mit den jeweiligen
spezifischen Ausbildungszielen vereinbar sind. Mit bindender Wirkung für die
Fachlehrer obliegt die Entscheidung der Klassen‐ oder Jahrgangsstufenkonferenz,
soweit deren Mitglieder den Schüler unterrichten, unter Vorsitz des Schulleiters, ggf.
unter Hinzuziehung eines Beratungs‐ oder Sonderschullehrers, schulischer
Ansprechpartner, LRS‐Fachberater oder in Ausnahmefällen der örtlich zuständigen
schulpsychologischen Beratungsstelle; die Klassen‐ oder Jahrgangsstufenkonferenz
kann außerschulische Stellungnahmen oder Gutachten in ihre Entscheidungsfindung
einbeziehen. Die betroffenen Schüler und Eltern werden frühzeitig in die
Entscheidungsfindung einbezogen. Maßnahmen des Nachteilsausgleiches können in der
Klasse begründet und erläutert werden. Maßnahmen des Nachteilsausgleiches werden
nicht im Zeugnis vermerkt.
Mögliche Härten, die sich aus dem für alle Schüler gleichermaßen geltenden
Anforderungsprofil ergeben, können mit den jeweiligen bestehenden
Ermessungsspielräumen gemildert werden, insbesondere bezüglich Nachlernfristen,
Ausnahmeregelungen bei Versetzungsentscheidungen, zusätzlichen Wiederholungen
von Klassen oder Jahrgangsstufen, Ergänzungen der Noten durch verbale Beurteilungen
oder Ausnahmeregelungen bei der Aufnahme in weiterführende Schulen.